Vom Trümmerland zum Campus – 60 Jahre Ruhr-Universität Bochum

Ein Bericht von Chisom Lorrita Duruaku | Titelbild: Das Audimax – Herzstück und Wahrzeichen der Ruhr-Universität Bochum, eröffnet 1965. (Chisom Lorrita Duruaku)

Vor 60 Jahren legte Bochum den Grundstein für ein neues Kapitel in der deutschen Bildungslandschaft: Mit der Gründung der Ruhr-Universität begann ein neues Kapitel in der deutschen Bildungslandschaft. Die erste Universität des Ruhrgebiets symbolisierte den sozialen Wandel und die Bildungsgerechtigkeit, indem sie einer ganzen Generation von Arbeiterkindern erstmals ein Studium ermöglichte.

Als 1965 die ersten Studierenden die Hörsäle der neu gegründeten Ruhr-Universität Bochum betraten, war dies mehr als nur der Beginn eines neuen Hochschuljahres. Es war ein deutliches Signal für Bildung, Fortschritt und sozialen Wandel, mitten im Herzen des Ruhrgebiets. Die RUB war die erste Universität, die nach dem Zweiten Weltkrieg in der Bundesrepublik neu gegründet wurde, nicht in einer traditionsreichen Residenzstadt, sondern auf einem Hügel vor der Stadt Bochum, zwischen Zechen, Werkshallen und Reihenhaussiedlungen.

Von Kohle zum Campus – ein Neuanfang

Die Nachkriegszeit in Deutschland war geprägt vom Wiederaufbau und vom wirtschaftlichen Aufschwung. Während die Wirtschaft boomte, blieb das Bildungssystem lange Zeit elitär. Universitäten gab es nur wenige, und sie waren vor allem Kindern aus akademischen Haushalten vorbehalten. Der Zugang zu höherer Bildung war stark begrenzt, insbesondere für junge Menschen aus Arbeiterfamilien. In den späten 1950er Jahren wurde der Ruf nach mehr Chancengleichheit lauter. Die Bundesregierung reagierte und beschloss eine groß angelegte Bildungsoffensive. Ein zentraler Baustein dieser Reform war die Gründung neuer Universitäten. Bochum wurde 1961 als Standort ausgewählt, die Grundsteinlegung erfolgte 1962. Nur drei Jahre später öffnete die RUB ihre Türen.

Der grüne Hügel wird zum Lernort

Die Entscheidung für Bochum war bewusst politisch. Das Ruhrgebiet, jahrzehntelang Motor der deutschen Industrie, war bislang akademisches Niemandsland. Mit der RUB sollte sich das ändern. Nach amerikanischem Vorbild wurde die Universität als moderner Campus mit Bibliothek, Mensa, Hörsälen und Instituten an einem Ort geplant. Das zugrunde liegende Konzept sah kurze Wege, effiziente Abläufe und eine offene Atmosphäre für alle vor, die lernen wollten. Von Beginn an war die soziale Zusammensetzung der Studierenden etwas Besonderes. Denn viele waren die Ersten in ihrer Familie, die ein Studium aufnahmen. Die RUB galt bald als „Arbeiterkinder-Universität“. Sie bot jungen Menschen aus dem Ruhrgebiet die Chance auf akademische Bildung, unabhängig von Herkunft und sozialem Status.

Verbunden mit den Wurzeln – wachsendes Profil der RUB

Seit ihrer Gründung ist die Ruhr-Universität Bochum gewachsen; heute studieren hier fast 40.000 Menschen aus aller Welt. Von den Anfängen bis heute hat die RUB Kunst und Kultur als zentrales Element der Universitätslandschaft gefördert. Bereits zwei Jahre nach der Gründung vermachte der Kunstkritiker Albert Schulze-Vellinghausen seine Sammlung gestisch-abstrakter und konstruktiv-konkreter Kunst und legte damit den Grundstein für ein bleibendes kulturelles Erbe. Die Kunstsammlung der RUB, die seit 1975 die einzige große Universitätssammlung moderner und zeitgenössischer Kunst in Deutschland darstellt, ist ein weiterer Bestandteil. Zu den rund 1.000 Werken zählen renommierte Namen wie Josef Albers, Alberto Giacometti, Gerhard Richter und Joseph Beuys.

Darüber hinaus eröffnete 2015 das Museum unter Tage (MUT) im Schlosspark Haus Weitmar, eine Erweiterung der Sammlung „Situation Kunst“, als kultureller Raum unter der Erde. Dort wird Kunst verschiedener Epochen und Medien, von archaischer bis zeitgenössischer Kunst, vielfältig präsentiert. Diese besondere Verbindung von Kunst, Architektur und Hochschule ist Ausdruck des Selbstverständnisses der RUB: Eine Universität, die auf Aufbruch setzt, aber in ihrer Identität fest verwurzelt bleibt.

Auch 60 Jahre nach ihrer Gründung ist die Ruhr-Universität Bochum ein Ort des Aufbruchs: Kulturell, lebendig, sozial verankert und zukunftsoffen. Unter dem Motto „RUB 60 – built to change since 1965” feierte die Universität am 18. Juni 2025 mit einem bunten Campusfest. Ein Ständemarkt, Currywurst und ein Konzert schufen ein lebendiges Miteinander, das die Erfolgsgeschichte der Hochschule im Herzen Europas unterstrich. Die Jubiläumsausstellung im Foyer der Universitätsverwaltung, die noch bis Jahresende geöffnet ist, vervollständigt den Rückblick auf die Entwicklung der Universität und gibt gleichzeitig einen Ausblick auf ihre Zukunft.

Eingang zur Ruhr-Universität mit RUB-Logo. Rechts im Bild: das Musische Zentrum, ein fester Bestandteil des Campus | Foto: Chisom Lorrita Duruaku