Rechtsextremismus an der RUB – Eine Bedrohung für die Vielfalt?

Kommentar von Julia A. Żeliszczak | Titelbild: Flaggen auf dem Campus (J. Żeliszczak)

Einbruch, rechtsextrem motivierter Vandalismus, brennende Pride-Flags – die erneuten Angriffe auf die queere Community Ende Juni dieses Jahres stießen auf große Bestürzung in der Studierendenschaft. Bei dem Vorfall seien Unbekannte in die Bibliothek des GA-Gebäudes der Ruhr-Uni eingedrungen und hätten dort unter anderem Bücher beschädigt und Plakate abgerissen. Vor dem Gebäude wurden die Rückstände einer verbrannten Regenbogen-Flagge hinterlassen. Es handelt sich um keinen Einzelfall.

Nach eigener Aussage der Universität kam es in den vergangenen Monaten immer wieder zu Einbrüchen und politisch motiviertem Vandalismus, insbesondere gegen Einrichtungen wie die Antidiskriminierungsstelle, die sich unter anderem für feministische und queere Anliegen an der RUB einsetzen. Aufkleber und Schmierereien mit Parolen aus der rechtsextremen Szene sind mittlerweile traurige Realität auf dem Campus. Diese zunehmenden Vorfälle sind Teil eines größeren Problems, das sich bereits zu Beginn des Jahres in den Fokus rückte.

Student mit Verbindungen zur rechtsextremen Szene

Bereits zu Beginn des Jahres geriet die Ruhr-Universität ins Rampenlicht regionaler Schlagzeilen. Mit Aushängen auf dem Campus machte die Antifaschistische Linke auf die Verbindungen eines Lehramtsstudenten zur rechtsextremen Szene Dortmunds aufmerksam. Seine Studienfächer: Geschichte und Germanistik. Die Enthüllung sorgte für Entsetzen und eine hitzige Debatte über den Umgang mit Extremismus an Universitäten. Die offizielle Reaktion der Universität fiel jedoch verhalten aus. Die Prorektorin für Diversität, Inklusion und Talentförderung, Prof. Dr. Isolde Karle, betonte gegenüber der WAZ, dass alle relevanten Fälle dem Staatsschutz gemeldet würden. Eine Exmatrikulation sei jedoch bei bloß „mutmaßlichen Gesinnungen“ aufgrund rechtlicher Hürden ausgeschlossen.

Die zunehmenden Vorfälle werfen jedoch kritische Fragen auf: Kann die Universität, die sich als Reformuni versteht und sich stets als vielfältig, tolerant und diskriminierungsfrei präsentiert, ihr Versprechen von Diversität halten?

Kein Platz für Hass – Der Campus zeigt Haltung

Es wäre jedenfalls falsch, der Universität völlige Untätigkeit vorzuwerfen. Als Reaktion auf die rechtsextremen Angriffe Ende Juni fand am 9. Juli auf dem Campus eine Kundgebung statt, zu der etwa 1.000 Teilnehmende erschienen. „Rechtsextreme Ideologien, Hetze und Gewalt haben auf unserem Campus keinen Platz“, so der Rektor Prof. Dr. Martin Paul. In ihren Reden setzten er sowie Prorektorin Isolde Karle und der Vorsitzende des AStA (Allgemeiner Studierendenausschuss) Henry Hermann ein deutliches Zeichen gegen die rechtsextremen Einschüchterungsversuche.

Kundgebung vom 9. Juli | Bild von J. Żeliszczak
„Die Prorektorin für Diversität fragt…“ – Diversity Day 2025 | Bild von J. Żeliszczak

Zudem werden durch Anlaufstellen wie das Gleichstellungsbüro, die Antidiskriminierungsstelle oder das Autonome Schwulenreferat Räume geschaffen, in denen Vielfalt gelebt werden kann. Diese zeigten sich auch am 27. und 28. Mai beim diesjährigen Diversity Day, der den Themenschwerpunkt Rassismus trug. Seit 2022 feiert die RUB bei dieser jährlichen Veranstaltung ihre Vielfalt und bietet zahlreiche Vorlesungen und Workshops zum Thema Diversität an.

Diversität feiern reicht nicht – der Gender-Report deckt Lücken auf

Doch während der Campus im öffentlichen Auftreten Haltung gegen Hass und Diskriminierung zeigt, offenbart der neueste Gender-Report von 2022, dass bei der Gleichstellung der Geschlechter, einem zentralen Aspekt von Vielfalt, innerhalb der Universität noch Handlungsbedarf besteht. In den Naturwissenschaften sind Professorinnen nach wie vor deutlich unterrepräsentiert. Nicht einmal jede fünfte Professur ist weiblich besetzt. Zudem verschlechterte sich die Lage beim Gender-Pay-Gap, und im NRW-weiten Gleichstellungsranking fiel die RUB von Platz 6 auf Platz 9 zurück. Die Daten sprechen eher gegen das Selbstbild einer progressiven Hochschule. Andere Zahlen hingegen deuten auf ein positiveres Gesamtbild: Das Rektorat besteht zu zwei Dritteln aus Frauen und der Senat ist mehrheitlich weiblich.

Es beginnt bei uns

All das zeigt: Der Wille zur Vielfalt ist da. Doch der Rechtsruck und andere gesellschaftliche Realitäten machen auch vor Hörsälen keinen Halt. Als Orte der Bildung, Reflexion und Gestaltung der Zukunft tragen Universitäten jedoch eine besondere Verantwortung, Haltung zu zeigen. Und letztlich liegt es auch an denen, die dort lernen und forschen – an den Studierenden. Vielfalt ist keine Selbstverständlichkeit. Sie muss immer wieder neu erkämpft, verteidigt und gelebt werden – auch an der Universität. Gerade dort.

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Jetzt mitmachen! Wettbewerb für studentische Initiativprojekte an der RUB

Studium und Lehre mitgestalten – das ist die Idee hinter dem Wettbewerb, für den ihr Euch ab jetzt bewerben könnt.
Gesucht werden kreative Ideen von Studierenden, die das Lernen, Lehren oder Campusleben an der RUB verbessern möchten. Egal ob digitale Tools, neue Lernformate, Campus-Events, Nachhaltigkeitsaktionen oder Austauschprojekte – was zählt, ist Engagement und der Wille, etwas zu bewegen.

Was gefördert wird

Gefördert werden Projekte von Studierenden, die dazu beitragen, Studium und Lehre an der RUB weiterzuentwickeln.
Die Themenfelder sind offen – im Mittelpunkt stehen Eigeninitiative, Zusammenarbeit und Innovation. Besonders willkommen sind Vorhaben, die neue Perspektiven für die Lehre eröffnen oder bestehende Strukturen kreativ und nachhaltig ergänzen. Erfolgreiche Projektideen erhalten nicht nur eine finanzielle Unterstützung für die Umsetzung. Während der Umsetzung profitierst Du von der Beratung und Mentoring durch erfahrene RUB-Akteur:innen sowie der Vernetzung mit anderen engagierten Studierenden und Projekten an der RUB und darüber hinaus.

Ideen für mehr Nachhaltigkeit in Studium und Lehre

Projektideen, die darauf zielen, Studium und Lehre nachhaltiger zu gestalten sind willkommen und können im Fall der Förderung und Umsetzung als Praxismodul für das RUB Zertifikat Nachhaltigkeit anerkannt werden. Für mehr Informationen zum Zertifikat folge einfach dem Link: https://zertifikat-n.blogs.rub.de

Du hast eine Idee? Jetzt mitmachen!

Studierende der RUB können sich bis zum 15. Dezember 2025 mit ihrer Projektidee bewerben. Ob allein oder im Team – entscheidend ist die Motivation, das Studium oder das Miteinander, den Alltag am Campus aktiv mitzugestalten.

Alle Informationen zum Wettbewerb und zur Antragstellung findest Du unter:

🔗 initiativprojekte.blogs.rub.de/wettbewerb

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Wo Gold glänzt und Lieder klingen: Ein Tag bei den FISU World University Games

eine Reportage von Yasmin Gaspar Rodrigues | Titelbild: Logo der FISU World University Games 2025 (Yasmin Gaspar Rodrigues)

In diesem Jahr fanden die World University Games Summer, früher Universiade, der Fédération Internationale du Sport Universitaire (FISU) nach 1989 erstmals wieder in Deutschland statt. Unter dem Motto „Sommer Cum Laude“ trafen sich über 7000 Sporttreibende aus 113 Ländern, unter ihnen auch elf Studierende der Ruhr-Universität Bochum, um sich in 18 Sportarten bei 234 Wettkämpfen zu messen. Bochum, eine der sechs Gastgeberstädte, war Austragungsort des Basketballs – in der Jahrhunderthalle – und der Leichtathletik im Lohrheidestadion. Und einen Tag war ich mittendrin.

An diesem Tag zeigte sich die Sonne erst später, brach aber schließlich mit ihrer Wärme durch die Wolken über dem Lohrheidestadion. Schon auf dem Weg zum Eingang machte die große Menschenmenge klar: Hier fand etwas Großes statt. In der Tat handelt es sich um den wichtigsten Wettbewerb im internationalen Studierendensport, der heute seinen zweiten Tag im Leichtathletik-Wettbewerb bestreitet. Vor dem Eingang zur Südtribüne vernehme ich regen Betrieb, aber kein Gedränge; von sportbegeisterten Erwachsenen, über Familien mit Kindern bis zu Mitstudienerden kommen die Massen in Wellen. Die Taschen werden kontrolliert, ein freundlicher Gruß, ein aufrichtiges Lächeln.

Im Stadion angekommen lud eine Freiwillige dazu ein, Fotos von dem rund drei Meter hohen Rhine-Ruhr-Logo zu machen – ein Angebot, das viele Besucher begeistert annahmen. Die Stimmung ist locker, beinahe familiär. Noch findet sich auf der Osttribüne reichlich Platz, denn das Programm des heutigen Sporttages dauert sechs Stunden.

Lasst die Spiele beginnen!

Kaum habe ich Platz genommen, beginnt der heutige Sporttag offiziell mit einer Medaillenvergabe: Ausgezeichnet werden die Gewinnerinnen des 10.000-Meter-Laufs, bei dem ein neuer FISU-Rekord aufgestellt wurde.

Und schon beginnen die Wettkämpfe, mehrere, die zeitgleich stattfinden; in der einen Minute wird gebannt auf die Rennstrecke geschaut, wo zunächst die Frauen, dann die Männer bei den Hürdenläufen ihr Bestes geben, in der nächsten sind die Blicke auf die Hammerwerfer*innen gerichtet. Vereinzelt hebt der Stadionsprecher einige Studierende hervor, wie den Ukrainer Mykhailo Kokhan, der bei den Olympischen Spielen letzten Sommer in Paris eine Bronzemedaille gewonnen hat, oder den Portugiesen Duarte Santos Fernandes, der im darauffolgenden Hürdenlauf-Halbfinale eine persönliche Bestleistung läuft.

Zwischen Snacks und Shirts

Offizielle Pausen gibt es keine. Wer eine braucht, schafft sie sich selbst und kann sich mit Essen und Erfrischungen aus dem Kiosk auf der Südtribüne stärken. Auf dem Weg komme ich an dem Merchandise-Stand vorbei, an dem sich Souvenirs aller Art erwerben lassen – von Pins und Stiften, über T-Shirts und Pullover zu Taschen und Jute-Beuteln kann hier jeder fündig werden.

Rausch der Begeisterung

Sicht aus der Südtribüne während des Hürden-Laufs der Männer | Foto: Yasmin Gaspar Rodrigues

Zurück auf den Rängen geht das Sportprogramm weiter. Besonders beeindruckend war der unbändige Sportgeist des Publikums: egal welche Nation, egal welche Platzierung – heute wird jeder gefeiert. Und noch einmal lauter bei entscheidenden Momenten: beim Drittversuch des Hochsprungs, wenn die Athlet*innen nochmal tief durchatmen, bei jedem letzten Läufer der 1500 Meter, der zwar den Anschluss, aber nicht seinen Willen verloren hat. Jeder wird mit Applaus ins Ziel getragen.

Trotz der Begeisterung für alle Nationalitäten ist der Heimvorteil der Deutschen hörbar; unter lautem Jubel wirft Merlin Hummel in der Qualifikation den Hammer am weitesten. Und das ganze Stadion beglückwünscht Jana Lakner der OTH Regensburg nicht nur zum Gewinn eines Halbfinales des 400-Meter-Laufs der Frauen, sondern singt ihr zum 25. Geburtstag ein Ständchen.

Im Herzen des Wettkampfs

Nach den spannenden Vorentscheidungen steuerte der Tag auf seine Höhepunkte zu: Am Abend fielen gleich mehrere Entscheidungen gleichzeitig. Zuerst begann das Kugelstoßen der Frauen. Leider ist meine Sicht von der Osttribüne nicht die beste. Es wird allmählich voller, und vereinzelnd kommt es zu Verstimmungen, wenn das ohnehin kleine Sichtfeld blockiert wird. Auch die Athleten und Athletinnen, die gekommen sind, um ihre Landsleute lautstark zu unterstützen, füllen die Ränge.

Während die Entscheidung im Kugelstoßen noch nicht gefallen ist, fängt der nächste Entscheidungswettkampf an: Das Weitsprung-Finale der Frauen, direkt vor der Osttribüne – mein persönliches Highlight des Tages, und der Wettkampf, auf den ich mich am meisten freue. Doch anstatt der zwölf qualifizierten Sportlerinnen stehen nur elf bereit: Die Studentin Samira Attermeyer, eine von elf Studierenden der Ruhr-Universität, fehlt. Es scheint sich dabei um eine offenbar kurzfristige Entscheidung zu handeln, denn auch die Stadionsprecherin scheint überrascht. Schade, denn ausgerechnet sie wollte ich als Medaillenhoffnung unserer Universität am meisten anfeuern. 

Kaum hat das Finale im Weitsprung der Frauen angefangen, fällt der Startschuss im Finale des Diskuswurfs der Männer. Zeitgleich gehen die Vorentscheide in verschiedenen Laufdisziplinen an der Westtribüne weiter. An allen vier Enden des Lohrheidestadions ist Bewegung, und alles zur selben Zeit.

Goldene Stunde, goldenes Spiel

Die Stimmung auf der Osttribüne, die nun bis oben gefüllt ist, ist euphorisch. Jeder Wurf, Sprung und Lauf wird mit Raunen und Staunen begleitet. Highlight ist die dritte Runde des Weitsprung-Wettkampfes, bei der die später – in gleicher Reihenfolge – triumphierenden Athletinnen Agate de Sousa aus Portugal, die Chinesin Shiqi Xiong und die Kolumbianerin Natalia Linares Gonzales – mit persönlicher Bestleistung – nacheinander jeweils bis in die Nähe der 7-Meter-Linie springen.

Auch die anderen Entscheidungswettkämpfe bringen ihre Sieger*innen hervor. Vor allem beim Diskuswerfen der Männer wird es laut auf den Rängen; unter tobendem Applaus wird der deutsche Doppelsieg gefeiert, bei dem Mika Sosna aus Erfurt Gold und Steven Richter der TU Chemnitz Silber gewinnen.

Blick aus der Osttribüne | Foto: Yasmin Gaspar Rodrigues

Gemeinsam verlassen die Zuschauer*innen die Anlage, und am Ende bleibt mir nicht nur die Erinnerung an einen langen, sportlichen Tag, sondern das Gefühl, etwas Besonderes erlebt zu haben. Und wie schön es doch ist, dass gerade Bochum Gastgeber dieses besonderen Moments im internationalen Sport sein darf.


Für mehr Eindrücke:

Homepage der FISU
Homepage der World University Games Summer 2025
Überblickspost der RUB

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